Zweites Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen: zu wenig Raum für Dienstleistungen der Apotheken
Der Schweizerische Apothekerverband pharmaSuisse begrüsst die Stossrichtung des zweiten Massnahmenpakets des Bundesrats, das auf Effizienzgewinn setzt. Der Verband befürwortet das Prinzip einer Erstberatungsstelle für alle Versicherten zum besser koordinierten Eintritt ins Gesundheitssystem, nicht aber ein Obligatorium dafür. Ebenso setzt sich pharmaSuisse für die Anerkennung von interprofessionellen Versorgungsnetzwerken ein. pharmaSuisse lehnt hingegen die Einführung von willkürlich festgelegten Kostenzielvorgaben kategorisch ab und ist enttäuscht über die vom Bund vorgesehene untergeordnete Rolle der Apothekerschaft in der Grundversorgung.
pharmaSuisse unterstützt das Prinzip einer Erstberatungsstelle, sofern diese von den Versicherten frei und auf
freiwilliger Basis gewählt werden kann. In seinem Vorschlag vergisst der Bundesrat die Apothekerinnen und
Apotheker, die als Gesundheitsfachpersonen bereits jetzt täglich pharmazeutische Triage betreiben. Nach der
Revision des Heilmittelgesetzes (HMG) und des Medizinalberufegesetzes (MedBG) können Apothekerinnen
und Apotheker unter klar definierten Bedingungen leichte Erkrankungen behandeln. Ausserdem gibt es
schon jetzt Versicherungsmodelle, die die Apotheke als erste Anlaufstelle in der medizinischen Grundversorgung festlegen und damit die Hausarzt- und Telemedizin-Modelle ergänzen. Fast 70% aller Versicherten
haben sich bereits jetzt für eines dieser Modelle entschieden. Deshalb spricht sich pharmaSuisse dezidiert
gegen ein Obligatorium aus, das sich als kontraproduktiv erweisen könnte, und befürwortet stattdessen
Wahlfreiheit und zielgerichtete Anreize. pharmaSuisse ruft den Bundesrat auf, die interprofessionellen
Modelle zu fördern, die den Versicherten einen besseren Zugang zum Gesundheitssystem und gleichzeitig
eine effiziente Aufgaben- und Kompetenzverteilung zwischen Gesundheitsfachleuten ermöglichen.
Stärkung der Netzwerke zur koordinierten Versorgung, Apothekerinnen und Apotheker einbezogen
pharmaSuisse unterstützt Modelle interprofessioneller Netzwerke für die koordinierte Versorgung, die auf
einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe sowie nachvollziehbare Qualitätsprüfungen aller Fachpersonen im
Netzwerk beruhen und nicht auf vordefinierten Hierarchien. Im Idealfall sollte der Versicherte die Möglichkeit
haben, sein eigenes Netzwerk durch Wahl eines Apothekers, einer Hausärztin, einer Advanced Practice Nurse
(APN), eines Spitex-Teams usw. zusammenzustellen. Zur Auswahl sollten nur Dienstleister stehen, die für die
interprofessionelle Arbeit ausgebildet sind und die eine Qualitäts-Charta unterzeichnet haben. Es gibt bereits
jetzt zahlreiche Versicherungsmodelle, bei denen sich die Versicherten freiwillig für eine eingeschränkte
Auswahl entscheiden. Diese Modelle bieten den Vorteil eines Prämienrabatts und werden tendenziell eher
von gesunden Menschen gewählt. Der Mehrwert der koordinierten Versorgungsnetzwerke ist jedoch bei der
Betreuung von Menschen mit chronischen und Mehrfacherkrankungen am grössten. Es ist daher sinnvoller,
die Anreize gezielter zu setzen.
Prävention und Patientenversorgung unter aktiver Beteiligung der Apothekerinnen und Apotheker
pharmaSuisse begrüsst die mögliche Beteiligung der Apothekerinnen an Präventions- und
Patientenversorgungsprogrammen zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Die
vorgeschlagene Öffnung ist jedoch zu zögerlich. Die Apotheker könnten nämlich aufgrund der Revision von
HMG und MedBG und der damit verbundenen gestärkten Rolle eine breite Palette an Leistungen mit
kostendämpfender Wirkung anbieten. Nach heute geltendem Recht dürfen jedoch nur Apothekerleistungen
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tarifiert und von der Krankenkasse abgegolten werden, die bei der Abgabe eines Medikaments erbracht
werden. Die Apothekerinnen können insbesondere aufgrund ihrer Kompetenz in klinischer Pharmazie
Einsparungen erwirken. Zum Beispiel im Rahmen der Qualitätszirkel Ärzte-Apotheker oder der
pharmazeutischen Betreuung in Alters- und Pflegeheimen nach dem Freiburger Modell (Einsparungen von 4
Millionen Franken jährlich im Kanton Freiburg).
Zielvorgabe für die Kostenentwicklung, eine nur vermeintlich gute Idee
pharmaSuisse hat im Rahmen des Apothekentarifs LOA I von 2001 bis 2003 positive Erfahrung in der
Verhandlung von relativen Zielvorgaben mit Krankenversicherern im Rahmen von Tarifverträgen
gemacht. Hingegen lehnt der Verband die Einführung von willkürlichen Top-Down-Zielvorgaben in der
Kaskade Bund, Kantone und Leistungsgruppen kategorisch ab. Diese würden einerseits zu einem
unverhältnismässigen Verwaltungsaufwand und anderseits zu Rationierungen, Verschiebungen von
Behandlungen, einer Zweiklassen-Medizin sowie einer Bestrafung kosteneffizienter Leistungserbringer
führen.
Elektronische Rechnungsübermittlung in Apotheken seit mehr als 20 Jahren
Den Vorschlag, die Leistungserbringer zur elektronischen Rechnungsübermittlung zu verpflichten, begrüsst
pharmaSuisse. Seit 1996 rechnen sämtliche Apotheken mit den Krankenversicherern im System des Tiers
Payants nach einem vereinbarten Standard elektronisch ab.
Abschliessend nimmt pharmaSuisse mit Unverständnis zur Kenntnis, dass der Bundesrat dieses zweite
Massnahmenpaket nicht genutzt hat, um die Position der Apotheken als einfach zugängliche Anlaufstelle in
der medizinischen Grundversorgung wirklich zu stärken und sie besser in die Prävention, Beratung und
Koordination einzubinden.
Die Vernehmlassungsantwort von pharmaSuisse zum 2. Massnahmenpaket zur Kostendämpfung finden Sie
unter www.pharmaSuisse.org > Unser Engagement > Politik > Vernehmlassungen.
Kontakt
Stephanie Balliana, Leiterin Medienstelle
pharmaSuisse, Schweizerischer Apothekerverband
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