Interprofessionalität
Interprofessionalität weiterentwickeln
Die Rolle der Apothekerinnen und Apotheker hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Ein interprofessioneller Ansatz ist unverzichtbar, damit sie ihre Rolle in der medizinischen Grundversorgung wahrnehmen und einen lückenlosen Behandlungspfad gewährleisten können. Der zunehmende Anteil chronischer Erkrankungen führt zu längeren Behandlungen und zur Intervention zahlreicher Leistungserbringer in verschiedensten Einrichtungen. Vor diesem Hintergrund müssen alle Gesundheitsberufe eng zusammenarbeiten, um die gemeinsamen Ziele einer koordinierten und patientenzentrierten Behandlung zu erreichen. Die Interprofessionalität beruht auf aktiver Zusammenarbeit, gutem Kommunikationsfluss und komplementären Kompetenzen. Die Rollen und Fachkenntnisse aller Beteiligten müssen dabei respektiert werden. Auch die Schaffung von Anreizen – insbesondere finanzieller Natur – ist für die Förderung von innovativen interprofessionellen Lösungen unverzichtbar.
Die Bundesbehörden anerkennen die Bedeutung der koordinierten Versorgung und fördern die Entwicklung von Modellen für die interprofessionelle Zusammenarbeit. Solche Initiativen zielen unter anderem auf eine bessere Therapieadhärenz und höhere Behandlungssicherheit durch komplementäre Kompetenzen ab. Trotz ihres vielversprechenden Potenzials werden diese Modelle jedoch auf nationaler Ebene noch nicht ausreichend in die tägliche Praxis integriert. Der Schweizerische Apothekerverband pharmaSuisse hegt berechtigte Hoffnungen, dass die interprofessionelle Zusammenarbeit im Rahmen der Agenda Grundversorgung, die vom Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) im November 2024 lanciert wurde, konkrete Formen annehmen wird.
Im Bereich der ambulanten Versorgung erschwert das Fehlen einer funktionierenden Austauschplattform den Informationsfluss und die Koordination von Behandlungen erheblich – das elektronische Patientendossier ist bis dato weder flächendeckend umgesetzt noch brauchbar. Ausserdem hängt der Erfolg jeder interprofessionellen Zusammenarbeit davon ab, dass alle Beteiligten Hürden überwinden können: dazu gehören Hierarchien, Kompetenzregelungen und Entscheidungsbefugnisse im Rahmen der Behandlung, Finanzierungsmechanismen für Leistungen, fehlendes Rollenverständnis und Fachkräftemangel. Eine solid verankerte interprofessionelle Zusammenarbeit muss nicht nur die Versorgungsqualität verbessern, sondern auch die spezifischen Beiträge aller Akteure im Gesundheitswesen aufwerten.
Praktische Beispiele für interprofessionelle Zusammenarbeit
- Qualitätszirkel von Ärzte- und Apothekerschaft
Die 1997 eingeführten «Qualitätszirkel Ärzte – Apotheker» (QZ) dienen der Optimierung und Verbesserung der Qualität von Arzneimittelverordnungen. Das Ziel der Qualitätszirkel ist ein Austausch von Know-how, die Besprechung von komplexen Fällen sowie die Schaffung eines interdisziplinären Netzwerks für gegenseitige Unterstützung.
> Qualitätszirkel-Kurse
- Pharmazeutische Betreuung in Alters- und Pflegeheimen
Die pharmazeutische Betreuung in Alters- und Pflegeheimen beruht auf den interprofessionellen Qualitätszirkeln von Ärzte- und Apothekerschaft und umfasst eine Reihe von massgeschneiderten Leistungen für die spezifischen Bedürfnisse von Alters- und Pflegeheimen. Sie soll die Qualität des Medikamenteneinsatzes verbessern und eine rationelle Verwendung von Arzneimitteln fördern. Im Rahmen eines medizinisch-pharmazeutischen Konsenses trägt die pharmazeutische Betreuung in Heimen auch zur Auswahl von Medikamenten mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis bei und damit zu einer kostengünstigen Arzneimittelversorgung (Beispiel: Freiburger Modell). Diese Praxis überzeugt durch ihre Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit und wird von Vertretern aus der Heimbranche ebenso begrüsst wie von kantonalen Behörden. Der Schweizerische Apothekerverband pharmaSuisse setzt sich dafür ein, dass dieses Modell in der ganzen Schweiz eingeführt wird.
> Kurs Pharmazeutische Betreuungvon Institutionen des Gesundheitswesens
- myCare Start
Diese Dienstleistung unterstützt Personen, denen neue Medikamente gegen eine chronische Erkrankung verordnet wurden. Damit wird sichergestellt, dass sie ihre Behandlung verstehen und gemäss Verordnung einhalten. Im Rahmen dieser koordinierten Dienstleistung stellen die Apothekerinnen und Apotheker die Unterstützung der Patientinnen und Patienten sicher. Die verschreibende Ärztin oder der verschreibende Arzt bleibt jedoch jederzeit als Referenzperson eingebunden und im Fall von Problemen wird die Patientin oder der Patient an die entsprechende Arztpraxis überwiesen.
E-Rezept (elektronisches Rezept)
Das E-Rezept Schweiz ist ein wesentliches Element der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Die beiden Berufsverbände FMH und der Schweizerische Apothekenverband pharmaSuisse arbeiten an einem einfachen und sicheren E-Rezept mit QR-Code, welches Ärztinnen und Ärzte über ihre Praxissoftware ausstellen. Dabei handelt es sich um eine digitale ärztliche Verordnung, die in allen Schweizer Apotheken eingelöst werden kann.
Die Patientin oder der Patient hat das Rezept immer elektronisch verfügbar, selbst wenn das ausgedruckte Exemplar verloren gehen sollte. Die Apotheken können jederzeit die Echtheit sowie den Status der Verordnung überprüfen, insbesondere hinsichtlich bereits erfolgter Bezüge und abgegebener Mengen. Dies ist ein ausgezeichnetes Beispiel für die interprofessionelle Zusammenarbeit.
> e-rezept.ch
Publikationen zum Thema Interprofessionalität
- Interprofessionelle Zusammenarbeit – Heft pharmActuel 3|2024
- Plattform Interprofessionalität in der primären Gesundheitsversorgung– Projekte
- FIP Statement of Policy on Interprofessional collaborative practice (1.09.2024)
- Policy Brief: Interprofessionelle Zusammenarbeit in der ambulanten Versorgung stärken – Bundesamt für Gesundheit (2021)
- Charta «Interprofessionelle Zusammenarbeit im Gesundheitswesen» - Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (2020)
Impulse für die Integrierte Versorgung in den Kantonen: ein Leitfaden – Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (2019)
Kontakt
Nicole Demierre Rossier
Mediensprecherin Westschweiz