Arzneimittel-Versorgungssicherheit

Versorgungsengpässe und -lücken im Medikamentenbereich gehören seit mehreren Jahren zum Alltag der Spitäler, Alters- und Pflegeheime, Arztpraxen und Apotheken. In bestimmten Fällen können sie die Gesundheit der Patientinnen und Patienten gefährden. Trotz der besorgniserregenden Situation wurden in den letzten Jahren keine nennenswerten Verbesserungen oder politischen Fortschritte erzielt. Die bisher umgesetzten Massnahmen, wie die Teilmengenabgabe, zeigten nur wenig Wirkung und reichen angesichts der Dringlichkeit und der sich zuspitzenden Versorgungslage nicht aus. Deshalb setzt sich pharmaSuisse gemeinsam mit den Behörden und anderen Stakeholdern für nachhaltige Lösungen ein.

Die Apothekerinnen und Apotheker mit ihren Teams sind als zentrale Ansprechpersonen in der medizinischen Versorgung mit häufig sehr verunsicherten Patientinnen und Patienten konfrontiert, fehlen doch auch sehr geläufige Medikamente wie Schmerzmittel, Antibiotika und Medikamente für Kinder. Ihre Rolle besteht darin, adäquate Alternativen zu finden und Probleme aufgrund einer notwendigen Behandlungsanpassung zu verhindern. Bei Personen mit chronischen Erkrankungen kann ein Wechsel der Medikation das Risiko für Rückfälle oder Krisen erhöhen sowie die Therapieadhärenz beeinträchtigen.  

Auswirkungen der Engpässe auf die Apotheken

Die Apotheken spielen eine entscheidende Rolle in der Arzneimittelversorgung. Die Suche nach Ersatzpräparaten ist mit grossem administrativem Aufwand verbunden, wie es auch der Schlussbericht 2024 der Interdisziplinären Arbeitsgruppe bestätigt. Neben den wirtschaftlichen Folgen von Versorgungsstörungen, die sich pro Jahr auf einen dreistelligen Millionenbetrag belaufen, unterstreicht der Bericht vor allem, dass der Zusatzaufwand zum grössten Teil (80 %) von den Leistungserbringern getragen wird, namentlich Apotheken und Arztpraxen. Dabei ist die Arbeitsbelastung bei den Apotheken doppelt so hoch wie bei den Arztpraxen.

Die Behörden sind sich dieser Problematik zweifellos bewusst, aber die bisherigen Massnahmen zeigten nur begrenzte Wirkung und genügen den Erwartungen der Apothekerschaft nicht. 

Konkrete Massnahmen für die Apotheken

Das Engagement des Schweizerischen Apothekerverbands pharmaSuisse bleibt auch nach dem Einreichen der Unterschriften für die Volksinitiative «Ja zur medizinischen Versorgungssicherheit» Anfang Oktober 2024 unvermindert stark. Wir werden weiter verhandeln, um konkrete Massnahmen zugunsten der Apotheken zu erreichen.

  • pharmaSuisse setzt sich für die Schaffung eines umfassenden nationalen Informationssystems für Lieferengpässe bei allen rezeptpflichtigen Arzneimitteln mit Angabe der verfügbaren Ersatzpräparate ein. Ausserdem erachtet der Verband es als sinnvoll, dass Zulassungsinhaber rasch über Versorgungsprobleme informieren. Zur Vermeidung von Engpässen empfiehlt pharmaSuisse darüber hinaus Pflichtlager für wichtige Medikamente anstelle einer dezentralen Lagerung in den Apotheken.
  • pharmaSuisse fordert eine klare und offiziell gültige Definition der Begriffe «versorgungsnotwendiges Medikament» und «Versorgungsengpass», um das gemeinsame Problemverständnis zu fördern. Der Verband schlägt vor, sich an der in Belgien gültigen Definition zu orientieren, um Versorgungsengpässe besser zu antizipieren und bewältigen: Dort wird ein Medikamentenmangel als Versorgungsengpass deklariert, wenn ein Medikament innerhalb von drei Werktagen nicht geliefert werden kann.
  • pharmaSuisse fordert eine angemessene Abgeltung des beträchtlichen Zusatzaufwands, der den Apotheken durch die Bewältigung der Versorgungsengpässe entsteht, wie der Abschlussbericht 2024 unterstreicht. 
  • pharmaSuisse fordert ausserdem die längst überfällige Überarbeitung der Arzneimittelliste mit Tarif (ALT). Diese aus dem Jahr 1995 stammende Liste muss mit den aktuellen Kosten der Wirkstoffe und des Aufwands der Apotheken, die Alternativen zu nicht verfügbaren Medikamente selbst herstellen, aktualisiert werden.
  • Angesichts der durch die Corona-Pandemie aufgezeigten Grenzen des Föderalismus, fordert pharmaSuisse die Schaffung einer Bundeskompetenz im Sinne einer klaren Regelung der Verantwortlichkeiten im Bereich der Arzneimittelversorgungssicherheit. Eine zentrale Koordinationsstelle des Bundes (statt 26 Kantonen) würde ein effizienteres Versorgungsmanagement sicherstellen und die Zusammenarbeit mit dem Ausland ermöglichen.  Auf drohende oder bereits eingetretene Engpässe könnte so adäquat und rasch reagiert werden.
  • pharmaSuisse fordert eine standardisierte Prüfung neuer regulatorischer Massnahmen im Arzneimittelbereich, unter Einbeziehung ihrer Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit. Damit soll verhindert werden, dass Entscheidungen wie Preissenkungen oder die Öffnung des Territorialitätsprinzips Versorgungsengpässe noch verschärfen.

Ergänzende Informationen

Kontakt


Elise de Aquino

Co-Leiterin Public Affairs

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