Abgrenzung zwischen Nahrungsergänzungsmittel, Arzneimittel oder Kosmetika
Wir haben immer wieder Bestellungen für bestimmte Präparate. Dabei stellt sich uns jeweils die Frage, ob es sich um ein Nahrungsergänzungsmittel oder ein Arzneimittel oder doch um ein Kosmetikum handelt. Wie sieht die Rechtslage in der Schweiz allgemein aus für solche Unterscheidungen?
Grundsätzlich muss immer unterschieden werden, ob ein gewisses Produkt ein Lebensmittel, Heilmittel oder eine Chemikalie im Sinne der jeweiligen Gesetzgebung ist. Ein Produkt kann jeweils immer nur einer Kategorie angehören. Bei Abgrenzungsproblemen im Allgemeinen kann die Website von Swissmedic und bei der Abgrenzung zwischen Heil- und Lebensmitteln zusätzlich die Website des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung (BLV) weiterhelfen.
Als Grundsatz kann festgehalten werden, dass vorrangig die Zweckbestimmung und die Risikobeurteilung aufgrund der Zusammensetzung des Stoffes für die Zuteilung entscheidend sind. Allfällige Zuteilungen als Nahrungsergänzungsmittel in anderen Staaten können nicht automatisch für die Schweiz übernommen werden, sondern es muss im Einzelfall geprüft werden, unter welche Gesetzgebung das Produkt in der Schweiz fällt.
Arzneimittel
Einer vorgängigen Zulassung bedürfen grundsätzlich gemäss Art. 9 Heilmittelgesetz (HMG) die Arzneimittel, wobei gemäss Art. 9 Abs. 2 HMG gewisse Arzneimittel von der Zulassung ausgenommen sind. Nicht zulassungspflichtig sind insbesondere die Magistralrezepturen. In nicht zulassungspflichtigen Arzneimitteln dürfen gemäss Art. 37 Verordnung über die Arzneimittel (VAM) Wirkstoffe enthalten sein, welche in einem zugelassenen Arzneimittel eines Landes mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle enthalten sind. Die aktuelle Liste dieser Länder finden Sie auf der Website von Swissmedic. In eigenen Formeln dürfen explizit nur rezeptfreie Subtanzen verwendet werden.
Lebensmittel
Für Lebensmittel, und als Teil davon für Nahrungsergänzungsmittel, gilt, dass sie gemäss Art. 7 Lebensmittelgesetz (LMG) sicher sein müssen. Für Nahrungsergänzungsmittel (NEM) sind die Vorschriften der Verordnung des EDI über Nahrungsergänzungsmittel (VNem) zu beachten. In Art. 2 Abs. 3 VNem sind die in NEM zugelassenen Stoffe aufgeführt:
Art. 2 Anforderungen
[…]
3 Sie dürfen enthalten:
a) die in Anhang 1 Teil A aufgeführten Vitamine und Mineralstoffe unter den dort aufgeführten Bedingungen;
b) sonstige Stoffe unter Beachtung der in Anhang 1 Teil B festgelegten Einschränkungen;
c) Stoffe, die:
1. nach der Verordnung des EDI vom 16. Dezember 2016 über neuartige Lebensmittel zulässig sind und in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden dürfen, oder
2. vom BLV als neuartige Lebensmittel bewilligt wurden;
d) weitere Lebensmittel; die Buchstaben a–c bleiben vorbehalten.[…]
Enthält ein Produkt einen Stoff, welcher unter keine der Kategorien fällt, ist es nicht als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen und muss als Arzneimittel angeboten werden. Auch importierte Produkte dürfen nur in der Schweiz vertrieben werden, wenn sie die Voraussetzungen der Schweizer Gesetzgebung erfüllen.
Kosmetika
Hierzu sind die Abgrenzungskriterien von Swissmedic, BLV und BAG relevant:
Es (das Bundesgericht) führte aus, dass eine Anpreisung als Produkt, welchem nach Auffassung des Durchschnittspublikums überwiegend Arzneimittelqualität zugeschrieben wird, zu dessen Unterstellung als Arzneimittel führt (E 3.1). Welchen Eindruck ein Produkt bei den Konsumentinnen und Konsumenten hervorruft, hängt von verschiedenen objektiven Faktoren ab: Von Bedeutung sind unter anderem die Art und Weise der Präsentation des Produktes, die Aufmachung, die Darreichungsform und die Vertriebskanäle (E 3.2). Um den Anschein eines Heilmittels zu erwecken und demnach als Präsentationsarzneimittel den Vorschriften des HMG unterstellt zu werden, müssen die arzneimittelrechtlichen Eigenschaften nach der Verkehrsanschauung überwiegen. Zum Vornherein nicht zu einer Qualifikation als Heilmittel führen gesundheitsbezogene Angaben, soweit sie auf vertretbaren Tatsachen beruhen und nicht geeignet sind, das Durchschnittspublikum über allfällige krankheitsheilende, -lindernde oder -verhütende Wirkungen zu täuschen. Aber auch darüberhinausgehende, einem eigentlichen Werbeverbot unterliegende Anpreisungen führen per se noch nicht zu einer Qualifikation als Präsentationsarzneimittel. Das Kriterium der nach der Verkehrsauffassung überwiegenden Zwecksetzung grenzt demnach letztlich den sachlichen Anwendungsbereich des HMG von demjenigen des LMG ab (E 3.2).
Entscheidend ist schliesslich eine Gesamtbeurteilung und nicht die einfache Beurteilung des Produkts durch den (Lohn-)Hersteller.
Ergibt die Beurteilung eine Qualifizierung als Arzneimittel, müssen die heilmittelrechtlichen Vorgaben erfüllt werden. Insbesondere sind die Voraussetzungen an die eigene Herstellung einer Magistralrezeptur gemäss den Regeln der Guten Herstellungspraxis für Arzneimittel in kleinen Mengen in Ziffer 20.1 der Pharmakopoea Helvetica 12 oder die Vorgaben bei Vergabe einer Lohnherstellung vollumfänglich zu beachten.
Ergibt die Gesamtbeurteilung, dass das Produkt keine Arzneimittelqualität besitzt, gilt es als Kosmetikum mit den entsprechenden Vorschriften.
Hilfreiche Links
- Abgrenzung Arzneimittel: www.swissmedic.ch > Services und Listen > Abgrenzungsfragen
- Abgrenzung Lebensmittel: www.blv.admin.ch > Lebensmittel und Ernährung > Lebensmittelsicherheit > Lebensmittel im Fokus > Nahrungsergänzungsmittel
- Abgrenzung Kosmetische Mittel: www.anmeldestelle.admin.ch > Themen > Pflichten Herstellerinnen von Chemikalien > Zulassung Biozidprodukte > Abgrenzungsfragen > Kosmetika > Links
- Länderliste: www.swissmedic.ch > Suche > Liste aller Länder mit vergleichbarer Humanarzneimittelkontrolle